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Beitrag von Harald Smolak, Direktor und Leiter der Functional Solution Group Human Resources

So gewinnen und halten Unternehmen Mitarbeiter im digitalen Zeitalter

Um sich in Zukunft auch weiterhin klar im Wettbewerb positionieren zu können, braucht es mehr Talente als der Markt derzeit bieten kann.

Der digitale Wandel stellt das Personalwesen vor große Herausforderungen. HR-Verantwortliche sind mehr denn je gefragt, gewohnte Denkmuster zu durchbrechen und neue Kompetenzen zu erwerben.

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Im Jahr 1997 fiel in einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey das erste Mal der Begriff „War for talents“. Mittlerweile ein geflügeltes Wort. Denn mehr als zwanzig Jahre später stellen sich viele Unternehmen immer noch die Frage, wie es gelingen kann, junge Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen und nachhaltig zu binden. Der einzige Unterschied zu damals: Heute stecken wir in einem digitalen Transformationsprozess. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

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Um sich in Zukunft auch weiterhin klar im Wettbewerb positionieren zu können, braucht es mehr Talente als der Markt derzeit bieten kann. Insbesondere im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ist der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften besonders groß und nimmt exponentiell zu. Der MINT-Frühjahrsreport 2018 des Instituts der deutschen Wirtschaft spricht von 1,2 Millionen offenen Stellen. Personal, dessen es bedarf, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen. Was können Unternehmen also tun, damit sie die Mitarbeiter gewinnen, die sie so dringend benötigen?

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„In Zeiten größter Transformation gewinnen Unternehmen mit Führungskräften, die neben klaren Zielen die Mitarbeiter durch ihre Vorbildfunktion begeistern.“

Ehrlich währt am längsten

Firmen sollten in erster Linie das verkörpern, was sie durch Employer-Branding nach außen versprechen. Eine Kommunikationsstrategie ist von entsprechenden Experten schnell und professionell erstellt. Diese auch in der Praxis zu leben, darauf kommt es an. Denn falsche Versprechungen hinsichtlich agiler Arbeitsmethoden, Selbstverantwortung und Transparenz führen dazu, dass neu gewonnene Fachkräfte das Unternehmen schnell wieder verlassen.

Dem Personalwesen kommt in diesem Kontext eine existenzielle Rolle zu. Das traditionelle Handwerkszeug im Bereich der Human Resources (HR) zu kennen, reicht derzeit nicht mehr aus. Personalverantwortliche müssen heutzutage ihr Unternehmen, die Aufgaben sowie die Verantwortungsbereiche gegenüber neuen Mitarbeitern verkaufen können. Mehr noch, sie sollten als Sparringspartner für Führungskräfte dienen und in moderner Führung unterstützen, damit eine Transformation ebenso als innere Haltung verstanden wird. HR transformiert sich vom administrativen Dienstleister zum professionellen Verkäufer. Was bisher Vertriebsmitarbeitern in Verkaufstrainings vermittelt wurde, sollte im HR-Bereich für die erfolgreiche Rekrutierung zum Standard werden.

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Wertewandel nachfolgender Generationen

Blicken wir einmal auf die Arbeitnehmerebene. Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital eines Unternehmens. Alles was ein Unternehmen ausmacht, wird erst durch seine Mitarbeiter erreicht. Denn sind wir mal ehrlich. Am Ende des Tages ist es nicht die Firmenstrategie, die einen Konzern so erfolgreich macht, sondern immer die Ausgestaltung und Identifikation mit einer solchen durch die Angestellten. Genau aus diesem Grund ist es so wichtig, die richtigen Leute einzustellen.

Während früher die Brand eines Unternehmens junge High Potentials angezogen hat, hinterfragt die Generation Y den Zweck eines jeden Unternehmens. Was ist der übergreifende Handlungsrahmen? Was ist der Sinn meiner Tätigkeit? Auch Fragen nach dem sozialen Engagement, der Nachhaltigkeit und dem ökologischen Bewusstsein sowie nach Wertschätzung und Diversity rücken immer mehr ins Zentrum von Bewerbern. Unternehmen sollten diese Aspekte glaubhaft interessierten Kandidaten vermitteln können. Denn Arbeitnehmer mit gefragtem, digitalem Know-how wissen sehr genau, dass sie im Handumdrehen alternative Angebote finden können.

Führungskräfte brauchen deshalb neue Strategien, um Mitarbeiter möglichst langfristig ans Unternehmen zu binden. Zu allererst sollte ein Umdenken auf Managementebene stattfinden. Der Anstieg an Komplexität für Unternehmensentscheidungen kann nicht durch die alleinige Entscheidungsgewalt eines Unternehmensführers erfolgen. Tesla ist zurzeit das beste Beispiel. Selbst ein Visionär wie Elon Musk, der den Weltmarktführern in der Automobilindustrie das Fürchten lehrte, scheitert an der zunehmenden Komplexität der Erfolgsmarke Tesla. Als Führungskraft hat er sich immer mehr von seinem Leadership-Team entfernt.

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Motivation statt Fluktuation

Transformationen funktionieren nur durch einen angepassten Kulturwandel. Je disruptiver sich ein Unternehmen verändert, umso stärker erfordert es Führungsqualität, die bei den Mitarbeitern Verbundenheit erzeugt. Gemeinsam etwas Großes bewegen zu wollen, das allein nicht möglich wäre. Eine Eigenschaft, die sich für ein Team als wesentlicher Erfolgsfaktor erweisen kann. Davon können Unternehmenslenker etwa von Fußballtrainern lernen. Unserer Fußball-Nationalmannschaft ist das bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien wunderbar gelungen. Es entwickelte sich ein Teamspirit, der seinesgleichen suchte. Es wurde eine Umgebung geschaffen, in der man sich wohlfühlte und die Entfaltungsmöglichkeiten bot. Kulturelle Aspekte, die man ohne Weiteres auf die Unternehmenslandschaft übertragen kann.

Attraktive Arbeitgeber zeichnen sich daher nicht nur durch eine großartige Brand, einzigartige Produkte und Dienstleistungen aus, sondern insbesondere durch Führungspersönlichkeiten, die ihren Mitarbeitern mit großem Respekt und der notwendigen Wertschätzung begegnen. Die ihren Teammitgliedern auf Augenhöhe begegnen, ihre Potenziale erkennen und helfen, diese zu entfalten. Leistung zu bewerten ist zwar wichtig, sollte jedoch nicht nur durch Maßregelung oder Gratifikation erfolgen. In Zeiten größter Transformation gewinnen Unternehmen mit Führungskräften, die neben klaren Zielen die Mitarbeiter durch ihre Vorbildfunktion begeistern. Die sie in ihre Entscheidungen miteinbeziehen und helfen, besser zu werden. Die eine Kultur der Vernetzung ohne starres Silodenken etablieren. Die große Offenheit gegenüber Ideen zeigen, auch wenn sie von den eigenen abweichen.

Onboarding mal anders

Ist der richtige Kandidat erstmal gefunden, wird es darauf ankommen, die Einarbeitungszeit möglichst gering zu halten. Im Onboarding werden häufig stundenplanähnlich neue Mitarbeiter an Experten im Unternehmen weitergereicht. In der Hoffnung, dass sie möglichst schnell alle Prozesse und internen Regeln verinnerlicht haben. Gut gemeint, jedoch kontraproduktiv. Dieser geballte Know-how-Transfer schreckt Neulinge eher ab und bindet Ressourcen. Zusätzlich kann das Erlernte nicht unmittelbar in die tägliche Arbeit umgesetzt werden, ohne bereits im „Daily Business“ angekommen zu sein.

Effektiver sind Mentoren oder „Buddys“. Etablierte Mitarbeiter mit ähnlicher Verantwortung. So können die Neuen von den Insidern lernen und für sich selbst ihren eigenen Stil entwickeln. Das passiert nur dann, wenn neben dem kognitiven Verstehen auch emotional positive Erfahrungen erlebt werden. Wenn beides gleichzeitig geschieht, bildet sich eine innere Haltung aus, die maßgeblich für zukünftige Entscheidungen verantwortlich ist. Onboarding sollte den neuen Mitarbeitern im besten Fall Spaß bereiten. Dies ebnet den Weg, selbstbestimmt einer neuen Herausforderung zu begegnen und seine individuellen Potenziale möglichst gut zu entfalten. Dann wird plötzlich aus der neuen Human Ressource nicht nur eine Quelle mit bestimmten Fähigkeiten, sondern ein wertvoller Mitarbeiter, der neben seiner neuen Verantwortung Verbundenheit und Autonomie erfährt.