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Gastbeitrag von Dr. Harald Linné, Direktor

WIE SIE EIN CONTROLLINGSYSTEM EINFÜHREN

erschienen in Springer Professional

Die Implementierung von ausgereiften Controllingsystemen stellt Unternehmen über alle Branchen hinweg vor große Herausforderungen. Wie systematisches Innovationsmanagement für das Controlling aussehen kann und was es dabei zu beachten gilt, erläutert Dr. Harald Linné, Direktor und Managing Partner bei Atreus, in einem Gastbeitrag für Springer Professional.

Wie Sie ein Controllingsystem einführen

Controllingsysteme oder so genannte Management Control Systems braucht jede Firma. Doch eine Standardanwendung für alle gibt es nicht. Ein Lösungsansatz aus der Unternehmenspraxis.

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Für jedes Unternehmen ist die Kenntnis der aktuellen Auftragslage, von Umsatz, Kosten, Gewinn und Marge von elementarer Bedeutung, um die eigene Entwicklung genau im Blick zu haben. Darüber hinaus benötigt jeder Betrieb je nach Branche und Geschäftsmodell eine Reihe von individuellen Key Performance Indicators (KPI = Leistungskennzahl), um sein Geschäft, seine Prozesse und seine Mitarbeiter erfolgreich steuern zu können. Bislang verfügen jedoch nur wenige Unternehmen über wirklich ausgereifte Controllingsysteme.

Automotivekonzern ohne Controllingsystem

Ein mittelständischer Automotivekonzern mit einem Milliardenumsatz nutzte im Controlling neben SAP für die tägliche Arbeit noch überwiegend handgestrickte Excel-Lösungen, statt sich ausgereifter IT-Anwendungen zu bedienen. Dies führte nicht nur zu einer hohen Fehleranfälligkeit, sondern auch zu fehlender Integration des Sales- und Produktionscontrollings. Die Digitalisierung der Controllingprozesse und das Nutzen von digitalen Applikationen für das Management standen noch am Anfang.

Dem Unternehmen mangelte es zusätzlich an KPI, die die gesamte operative Wertschöpfungskette abdeckten und dem Management schnell einen Einblick in mögliche Ursachen und Probleme in der operativen Leistungserbringung verschafften. Eine Durchgängigkeit der KPI vom Einkauf über Logistik, Produktion und Qualität bis hin zum Vertrieb und Service war nur in Ansätzen vorhanden. Damit war zum einen die Steuerung des Geschäfts erschwert, zum anderen erschwerte dies die Überprüfung von Margen beziehungsweise von Produkten über den gesamten Lebenszyklus hinweg (EBIT-Lifecycles), zum Beispiel unter Berücksichtigung von Materialpreisänderungen. Vor diesem Hintergrund galt es, das Controlling des Unternehmens komplett neu aufzustellen und auch die Mitarbeiter mit Nachdruck zukunfts- und wettbewerbsfähig zu machen.

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„Der Turnaround wurde schon in den ersten zwölf Monaten geschafft und der vorgegebene Zeitrahmen eingehalten. Eine solche Wende setzt allerdings voraus, dass sich alle Entscheider diesem Prozess unterordnen und sich wirksam einbringen.“

KPI-Definition für Controllingapplikationen

Zusammen mit dem CEO entwickelte der CFO von Atreus das Controlling nach einer Bestandsaufnahme aktiv weiter. Dabei wurden die Controllingprozesse wirksam aufgesetzt – das heißt, wichtige Hebel für Einsparpotenziale, Ergebnisverbesserungen und Synergieeffekte wurden identifiziert. So gelang es, schnell Transparenz zu schaffen und durch die Herausarbeitung der entscheidenden KPI über die gesamte Wertschöpfungskette die richtigen Maßnahmen umzusetzen. Zusätzlich konnte durch die Auswahl neuer IT-basierter, digitaler Controllingapplikationen der Wildwuchs von Excel spürbar eingedämmt werden. 

Das Transformationsprogramm war in verschiedene Workstreams gegliedert. Als Projektmanager stellte der eingesetzte Manager gemeinsam mit den Workstream-Leitern sicher, dass die angepeilten Ziele im geplanten Zeitraum erreicht wurden. Um die Komplexität der Herausforderungen mit Erfolg zu bewältigen, bedurfte es einer immensen Umsetzungsstärke und Erfahrung. Der Turnaround wurde schon in den ersten zwölf Monaten geschafft und der vorgegebene Zeitrahmen eingehalten. Eine solche Wende setzt allerdings voraus, dass sich alle Entscheider diesem Prozess unterordnen und sich wirksam einbringen.

Zukunftsorientierte Steuerung durchs Controlling

Das Unternehmen nutzt seit der erfolgreichen Neuausrichtung das Controlling nicht mehr nur als reines Reporting-Instrument, sondern zur zukunftsorientierten Steuerung. Das lange Zeit zu hohe Working Capital ist um über 25 Prozent reduziert worden, eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung mit Kennzahlen hat für das Unternehmen nun hohe Priorität. Die Zusammenarbeit zwischen dem zentralen und dem in den einzelnen Ländern stattfindenden dezentralen Controlling ist ausgebaut worden. So kann gar nicht erst ein Nährboden für neue Insellösungen entstehen. 

Die bis dato fehlende, aber unbedingt notwendige strategische Steuerung beziehungsweise übergeordnete Portfolio-Betrachtung einzelner Geschäftsbereiche und Divisionen nach Invest und Desinvest findet inzwischen regelmäßig statt. So kann vermieden werden, dass Cashflowauswirkungen zu spät berücksichtigt werden. Investitionsentscheidungen werden mittlerweile mehr auf Basis von dezidierten Controlling-Analysen gefahren, statt auf Basis von Macht. Das neue Controlling-Zeitalter erforderte die Auswahl und den Aufbau von zwei neuen Mitarbeitern – unter dem Strich aber eine gute Investition, denn alle Führungskräfte arbeiten nun ständig mit den gleichen Kennzahlen.

Best-Practice-Gastbeitrag auf Springer Professional (www.springerprofessional.de)