Personalmanagement nicht entmenschlichen
Unternehmen müssen erkennen, dass da, wo früher noch Hierarchien dominiert haben, heute Netzwerke existieren.
Personalmanagement nicht entmenschlichen
Der digitale Wandel verändert die Arbeitsweisen von Personalverantwortlichen und zwingt Unternehmen vermehrt dazu, ihre Strategien zur Gewinnung und Bindung qualifizierter Mitarbeiter zu modifizieren. HR-Abteilungen sind wichtiger denn je, kommentiert Harald Smolak.
In einer sich immer schneller entwickelnden, zunehmend vernetzten Gesellschaft kämpfen viele Unternehmen um die besten Köpfe. Mehr und mehr verändert sich dabei die Arbeit der Personalverantwortlichen. Eine Reihe neuer digitaler Werkzeuge nehmen den Platz von analogen Rekrutierungsmethoden ein. Automation und Künstliche Intelligenz sollen helfen, künftige Personalentscheidungen zielgerichteter zu treffen und administrative Aufgaben auf ein Minimum zu reduzieren.
Bewerbungsprozesse sind in den letzten Jahren deutlich mechanischer geworden. Eine Entwicklung, die zunehmen wird. Ganzheitliche HR-Softwarelösungen oder Recruiting-Bots haben Einzug in die Personalabteilungen gehalten. Algorithmen unterstützen menschliche Beurteilungen. Aber ist es realistisch, dass Bewerbungsgespräche in Zukunft von einer künstlichen Intelligenz geführt werden?
Der Faktor Mensch macht den Unterschied
Eher nicht. Menschen machen den Unterschied, auch in einer digitalisierten Welt. Das Ziel der Unternehmen muss es sein, sich innerhalb der Industrie 4.0 neu zu erfinden, ohne sich zu entmenschlichen. Das gilt selbstverständlich auch für den Auswahlprozess. Respekt und Wertschätzung etwa sind Attribute, die keine Maschine entgegenbringen kann. Eine gesunde und vertrauensvolle Beziehung zwischen allen beteiligten Akteuren ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Talentgewinnung und -bindung. Personaldiagnostik kann zwar helfen, nicht aber die finale Entscheidung ersetzen.
Wurden bislang oftmals die bisherigen Stationen eines potenziellen Kandidaten mit dem Idealprofil einer aktuellen Stellenbeschreibung verglichen, müssen HR-Verantwortliche in Zukunft vermehrt die Persönlichkeiten identifizieren, welche die Voraussetzungen für die veränderte Arbeitsumgebung erfüllen. Schablonenartige Jobprofile sind passé. Im Idealfall sind dies Kandidaten mit professioneller, digitaler Qualifikation und sozialer Sensibilität. Werte, wie das Recht auf Selbstbestimmung, Gleichheit und Gleichberechtigung werden zunehmend wichtiger, genauso wie Empathie, die Fähigkeit zum Netzwerken und Teamwork.
Agile Arbeitsweisen und ein ausgeprägtes Innovationsklima
New Work heißt das Stichwort. Die Digitalisierung hat das Arbeiten zeitlich, räumlich und organisatorisch deutlich verändert, aber auch im positiven Sinne weiterentwickelt. Moderne Unternehmen haben dies erkannt, agile Arbeitsweisen eingeführt und ein ausgeprägtes Innovationsklima geschaffen. Und sie dienen weniger agil aufgestellten Unternehmen als Vorbild.
In einer Arbeitswelt, die sich durch Volatilität und Kurzlebigkeit kennzeichnet, erwarten sowohl Bewerber als auch Angestellte mehr Flexibilität. Sie verlangen nach orts- und zeitunabhängigem Arbeiten. Die Möglichkeiten sind da und die infrastrukturellen Voraussetzungen sind durch die Digitalisierung geschaffen. Unternehmen müssen erkennen, dass da, wo früher noch Hierarchien dominiert haben, heute Netzwerke existieren.
Den Wandel erfolgreich gestalten
Veränderungen gehören zum Arbeitsleben dazu. Sie fordern heraus und krempeln bestehende Strukturen um. HR-Abteilungen nehmen dabei eine strategisch wichtige Position ein, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Sie sind an unterschiedlichen Fronten gefordert, müssen die Mitarbeiter hinter sich bringen und vom neuen Weg überzeugen. Auch das Rütteln an veralteten Machtstrukturen gehört dazu. Hat der Personalverantwortliche die Rückendeckung der Geschäftsführung, kann der Wandel erfolgreich gestaltet werden. Aller Investitionen in die Digitalisierung zum Trotz, müssen der Mensch und die Unternehmenskultur im Fokus stehen. Werden eigenverantwortliches Arbeiten in selbstorganisierten Teams mit kurzen Entscheidungswegen und einer offenen Fehlerkultur gelebt, sollten die Erfolge nicht lange auf sich warten lassen.