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Expertentalk

Digitale Supply Chain: Datenintegration & Change Management global

Erfolgsfaktoren der digitalen Supply Chain im internationalen Kontext

Im Expertentalk erläutert Atreus Managerin Sabrina Hollmann die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche digitale Supply Chain: Integrierte Datentransparenz, proaktives Change Management und die enge Zusammenarbeit aller Abteilungen ermöglichen nachhaltige Resilienz und Innovationskraft.

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Sabrina Hollmann
Interim Managerin Supply Chain
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„Die digitale Transformation betrifft alle Abteilungen, nicht nur die IT – das Commitment der Führungsebene und die Einbindung der Mitarbeitenden sind entscheidend für den nachhaltigen Wandel.“

Im Folgenden finden Sie eine Abschrift des Expertentalks, die aus Gründen der Deutlichkeit bearbeitet wurde.

Bernhard Gruber: Liebe Zuseherinnen und Zuseher beim Atreus Expert Talk, ich darf Sie heute wieder recht herzlich begrüßen. Das Thema heute: die digitale Supply Chain. Wie können digitale Technologien globale Supply-Chain-Organisationen bestmöglich unterstützen? Für mich heute eine Premiere, denn mein Talk-Gast ist nicht im Atreus Office in München, sondern in Spanien. Ich hoffe, die Videoleitung klappt. Ich darf heute begrüßen, Sabrina Hollmann. Sie ist Expertin im Thema Supply Chain Management, war viele Jahre bei Beiersdorf in führender und leitender Rolle tätig und ich versuche gleich einmal, die Leitung nach Spanien aufzumachen.

Sabrina Hollmann: Sehr schön, vielen Dank. Ich hoffe, die Leitung steht, zumindest ist es bei mir gut angekommen. Hallo zusammen und nochmals vielen Dank für die Einladung. Mein Name ist Sabrina Hollmann. Ich bin erst seit kurzem ganz frisch als Interim Managerin im Bereich Supply Chain tätig. Vorher war ich fast 18 Jahre bei Beiersdorf Global in der Supply Chain, in verschiedenen Funktionen, ungefähr die Hälfte der Zeit in der Supply Chain Planung, die andere Hälfte im Supply Chain Customer Management. Ich war überwiegend global tätig, habe mich viel mit Prozessanalysen und -optimierung beschäftigt, wodurch Digitalisierung immer ein Thema war. Daher freue ich mich auf den Austausch.

Bernhard Gruber: Wie gewohnt steigen wir gleich mit einer spannenden Fragestellung ein. Frau Hollmann, was sind aus Ihrer Sicht momentan die zentralen Herausforderungen jeder globalen Supply Chain Organisation?

Sabrina Hollmann: Viele. Um es aufs Wesentliche zu reduzieren: Ein zentrales Thema ist Data Integration und E2E-Transparency. Die Supply Chain beginnt beim ersten Lieferanten der Vormaterialien und endet beim Kunden. Über all diese Schritte hinweg eine End-to-End-Transparenz herzustellen, ist eine große Herausforderung, sodass man genau weiß, wo im Prozess welches Material ist, in welchem Zustand, wann es verfügbar ist und wie fertige Produkte zurückverfolgt werden können. Das ist schwierig zu realisieren und ich glaube, bis dies wirklich umgesetzt und nutzbar ist, sind noch einige Jahre nötig. Warum ist das so schwierig? Die Daten liegen meist in Silos, sie müssen herausgezogen, verbunden und zur Verfügung gestellt werden. Es geht um Masse, Komplexität, Qualität und Verfügbarkeit der Daten, vor allem wenn Partner außerhalb des Unternehmens eingebunden werden müssen. Das ist eine riesige Herausforderung.

Sabrina Hollmann
Interim Managerin Supply Chain
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„Die Einführung neuer Tools ist meist das geringere Problem; die eigentliche Herausforderung liegt darin, die Arbeitsweisen grundlegend zu verändern und die Mitarbeitenden mitzunehmen.“

Sabrina Hollmann
Interim Managerin Supply Chain

Bernhard Gruber: Wie wirken sich externe Einflüsse wie Kriege, Zölle oder Gesundheitskrisen auf die Supply Chain aus? Musste die Supply Chain darauf schon immer kurzfristig reagieren?

Sabrina Hollmann: Man musste immer auf Einflüsse von außen reagieren, aber heute ist es extremer geworden. Das Thema Risikomanagement ist wichtiger denn je und ohne eine Abkopplung von externen Einflüssen ist es notwendig, diese zu steuern. In der Zeit, die ich selber im Konzern habe, hat dies immer mehr Fokus und Einsatz der Beteiligten gefordert. Während es früher vereinzelte Themen waren, wie eine schlechte Ernte mit knapper Rohstoffverfügbarkeit, geht es heute um mehr und globalere Themen. Das geht in das Thema Risk Management in der Supply Chain hinein, dem man sich nur schwer entziehen kann. Es geht dabei auch um den Wechsel von statischen, vergangenheitsbasierten Daten hin zu aktuellen, vorausschauenden Analysen – Predictive Analytics, um proaktiv zu steuern und externe Einflüsse bestmöglich abzufedern.

Bernhard Gruber: Zusammengefasst braucht es auch ein Stück weit mehr Dynamisierung durch die Supply Chain und die darunter liegenden Informationssysteme. Datensysteme müssen dies natürlich auch unterstützen können. Gibt es aus Ihrer Sicht bereits genügend Technologie-Bestandteile, um eine Supply-Chain-Organisation durchgehend zu unterstützen oder ist auch die Technologie teils noch im Rückstand?

Sabrina Hollmann: Es gibt viele cloudbasierte Lösungen, um Daten aus verschiedenen Systemen zu extrahieren, aufeinander abzustimmen und lesbar zu machen, sowie Tools zur Datenintegration, um daraus die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Doch die vollständige End-to-end-Sicht und die bestehenden Systeme zu integrieren, bleibt schwierig. Die meisten Unternehmen haben ERP-Systeme, SAP ist sehr dominant, doch oft werden zusätzliche Layer benötigt. Die Komplexität entsteht, da viele unterschiedliche Parteien und Systeme eingebunden sind und Daten unterschiedlich strukturiert vorliegen. Das bleibt eine große Herausforderung.

Sabrina Hollmann
Interim Managerin Supply Chain
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„Ein zentrales Thema, das sehr komplex und eine große Herausforderung ist, bleibt die Data Integration und Transparenz über alle Stufen der Supply Chain hinweg.“

Sabrina Hollmann
Interim Managerin Supply Chain

Bernhard Gruber: Reicht es also nicht, einfach ein ERP-System wie SAP S/4HANA zu installieren? Warum lösen solche Systeme nicht alle Probleme in einer globalen Supply Chain?

Sabrina Hollmann: ERP-Systeme sind transaktional ausgerichtet. Der Umstieg auf S/4HANA ist eine notwendige, aber keine hinreichende Maßnahme. Sie bilden die Basis für weitere Tools, etwa zur Automatisierung, Robotics, Machine Learning oder künstlicher Intelligenz. SAP ist die Grundlage, aber nicht ausreichend, um wirklich proaktiv und zukunftsorientiert zu agieren.

Bernhard Gruber: Ist es überhaupt möglich, alle Partner – Logistik, Lieferanten, Kunden – digital perfekt zu integrieren?

Sabrina Hollmann: Das wird ein kontinuierlicher Prozess bleiben. Es wurden zwar große Fortschritte gemacht, aber eine vollständig integrierte Supply Chain ist noch weit entfernt. Dabei wird häufig unterschätzt, wie wichtig die Menschen sind, die mit den Tools arbeiten. Die Einführung neuer Tools ist verhältnismäßig einfach, aber die Veränderung der Arbeitsweise, das Up-Skilling und das Change-Management sind die eigentlichen Herausforderungen.

Bernhard Gruber: Welche Stakeholder gehören bei solchen Vorhaben an den Tisch und wer sollte solche Projekte leiten?

Sabrina Hollmann: Die wichtigsten Stakeholder sitzen ganz oben – die C-Suite muss dabei sein und verstehen, dass es nicht nur IT-Projekte sind, sondern mit den Menschen gearbeitet werden muss. Das Commitment beginnt oben und umfasst nicht nur die Freigabe von Budgets für neue Tools sondern auch für die Begleitung der Mitarbeiter. Der Projektleiter sollte senior sein, gutes Stakeholder-Management beherrschen und das Change-Management in der Organisation gestalten können. So, dass alle Mitarbeiter mitgenommen werden und den Prozess nicht still und leise boykotieren.

Bernhard Gruber: Wie sollte ein solches Projekt strukturiert sein? Eher klassisch wasserfallartig oder iterativ-agil?

Sabrina Hollmann: Eher Letzteres. Die klassische Vorgehensweise funktioniert heute nur noch schwer. Es braucht eine iterative Abstimmung und enge Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilungen auf Augenhöhe. Die Teams müssen zusammenkommen und agil arbeiten, also immer wieder überprüfen, ob die Vorgehensweise und Richtung stimmig oder Anpassungen erforderlich sind. Es ist ein Fehler, starr zu sagen ‘Das ist der Blueprint. So haben wir ihn geschrieben und so muss es gemacht werden’.

Bernhard Gruber: Das heißt, Silos müssen aufgebrochen werden und Teams müssen zusammenarbeiten, damit Projekte Schritt für Schritt vorankommen. Wie wichtig sind Stammdaten in Digitalisierungsprojekten, und wie sollte das Stammdatenmanagement organisiert werden?

Sabrina Hollmann: Stammdaten sind sehr wichtig, auch wenn sie als „unsexy“ gelten. Sie sind die Grundlage, und deren Qualität entscheidet über den Erfolg. Häufig werden Stammdaten nicht so akribisch gepflegt, wie man es tun sollte.

Bernhard Gruber: Wer trägt dafür die Verantwortung? Ist es die IT, die die Stammdaten in Griff halten sollte oder sind des die Fachabteilungen wie zum Beispiel Finance? Wie sollte man das Thema Stammdatenmanagement für die Supply Chain organisieren?

Sabrina Hollmann: Für die Pflege etwa von Produkt- und Kundenstammdaten ist nicht die IT zuständig, sondern die Fachabteilungen. Die IT ist eher für das Grundgerüst und die Systemarchitektur zuständig. Es gibt verschiedene Möglichkeiten für den Aufbau, zum Beispiel, dass die globale Organisation über ein Stammdatenteam verfügt, das auch operativ arbeitet. Es ist wichtig, dass man diese Funktion nicht zu lokal in einzelne Einheiten vergibt, da dadurch eine zu große Komplexität entsteht und des schwieriger wird, einen einheitlichen Standard nachzuhalten. Es braucht idealerweise eine konsolidierte Funktion, oft „Control Tower“ genannt, die sicherstellt, dass Qualität und Standards gewahrt bleiben.

Bernhard Gruber: Abschließend: Die Prozesse, Daten und Technologie müssen stimmen. Wenn diese 3 Ebenen nicht gegeben sind, kann keine Supply-Chain-Organisation funktionieren. Würden Sie diese Aussage unterschreiben?

Sabrina Hollmann: Ja, aber ich würde ergänzen, dass auch die Menschen mitgenommen werden müssen und verstehen, warum und wie Veränderungen umgesetzt werden.

Bernhard Gruber: Gibt es abschließend noch zentrale Botschaften und können Sie Schritte empfehlen, die Unternehmen zur kurzfristigen Optimierung der Supply Chain umsetzen können?

Sabrina Hollmann: Wichtig ist, die Digitalisierung der Supply Chain nicht als reine IT-Aufgabe zu betrachten. Ich hatte in den letzten Monaten mehr den Eindruck, dass man versucht, Projekte verstärkt in die IT zu schieben mit der Annahme ‘Die machen das schon irgendwie und am Ende machen wir noch ein wenig Künstliche Intelligenz dazu und dann haben wir es.’ Die Key Message ist, zu verstehen, dass die digitale Transformation alle Abteilungen betrifft. Fachabteilungen sind vermutlich wichtiger als gedacht, und es ist überwiegend kein IT-Thema.

Bernhard Gruber: Frau Hollmann, besten Dank. Es war für mich sehr lehrreich und hoffentlich sehen wir uns bald in München.

Sabrina Hollmann: Herzlichen Dank auch von meiner Seite für die Einladung und die Möglichkeit, die Informationen hier zu teilen. Ich würde mich freuen, beim nächsten Mal vor Ort dabei zu sein.

Bernhard Gruber: Danke an alle Zuseherinnen und Zuseher. Ich hoffe, es war ebenso lehrreich für Sie. Bis zum nächsten Mal.

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