

Expertentalk
HR und KI im Energiesektor: Digitalisierung, Recruiting, Leadership
Juliane Weber im Gespräch mit Thomas Perlitz
Das Interview beleuchtet die zentrale Rolle von HR bei der digitalen Transformation im Energie- und Umweltsektor. Im Fokus stehen Herausforderungen und Chancen durch KI, neue Rollenprofile und Upskilling. HR wird als aktiver Gestalter des kulturellen Wandels, Treiber für Innovation sowie als Bindeglied zwischen Struktur und Kultur hervorgehoben.

„Man kann über HR wirklich Wertschöpfung erreichen.“
Im Folgenden finden Sie eine Abschrift des Expertentalks, die aus Gründen der Deutlichkeit bearbeitet wurde.
Juliane Weber: Herzlich willkommen zu unserem heutigen Expertentalk mit dem Titel HRXO – Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit. Mein Name ist Juliane Weber. Ich bin Direktorin im Sektor Energie und Umwelt und freue mich heute, speziell meinen Gast begrüßen zu dürfen, den Thomas Perlitz.
Wir beschäftigen uns heute mit dem Thema, wie Digitalisierung, KI und neue Rollenbilder HR im Energie- und Umweltsektor revolutionieren. Lieber Thomas, schön, dass du da bist. Herzlich willkommen hier im Atreus Studio. Ganz kurz zu dir: Du bist langjähriger Manager in unserem Atreus Netzwerk, hast schon einige Themen mit uns gemeinsam bearbeitet, kommst ursprünglich aus dem Konzern, aber auch Mittelstand, so wie Gerresheimer und Henkel, und hast ebenso Private Equity Erfahrungen, die du mitbringst. Ich möchte gar nicht so viel sagen, vielleicht magst du dich selber vorstellen
Thomas Perlitz: Ja, vielen Dank. Ich will auch gar nicht so viel sagen, weil man ja heute sagen kann: das Internet weiß alles. Insofern vielleicht nur zwei, drei Ergänzungen. Ich war in großen internationalen Rollen unterwegs, unter anderem für Henkel und Gerresheimer mit globaler Verantwortung, was ich sehr geschätzt habe. Bin dann ins Private Equity gegangen und habe ein paar Jahre für Permira in einem Beteiligungsunternehmen in München gearbeitet. Bin dieser Ecke Private Equity, Venture Capital, treu geblieben und arbeite heute viel für Beteiligungsunternehmen, aber auch beratend für Mittelstandsunternehmen im gesamten Spektrum HR, zunehmend mit dem Steckenpferd KI und Digitalisierung.
Juliane Weber: Was war damals ausschlaggebend, dass du dich so für die HR-Themen interessiert hast?
Thomas Perlitz: Ganz sicher war am Anfang nicht die Entscheidung, ins HR zu gehen, sondern ich wollte was bewegen, ich wollte was verändern. Während dem Studium und später habe ich festgestellt, dass man über den Hebel „Menschen bewegen“ auch Unternehmenswert schaffen kann. So wurde das für mich langsam zur Profession und das ist bis heute meine Leidenschaft. Man kann über HR wirklich Wertschöpfung erreichen.
Juliane Weber: Du hast dich in den letzten Jahren stark auf Digitalisierung und KI spezialisiert. Was reizt dich daran?
Thomas Perlitz: Bisher gab es viele Veränderungen und HR war immer mit dabei, leider nicht immer vorne dran. Das waren eher lineare Veränderungen. Jetzt erleben wir Sprungveränderungen. Da ich ein „Dangerseeker“ bin, finde ich es spannend, dass man heute in relativ kurzer Zeit viele Hebel umlegen muss, um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben. Hier ist KI jetzt der Schlüssel.
„Mit KI können heute Bewerbungen in Echtzeit analysiert und gerankt werden, was den Recruitern die Erstanalyse erleichtert.“
Juliane Weber: Wie siehst du HR im Energiesektor? Wie muss sich HR aufstellen, um bei der Transformation aktiv mitzugestalten und nicht nur Beiwerk zu sein?
Thomas Perlitz: Energie und Umwelt stehen aktuell unter enormem Veränderungsdruck. Strukturen, wie Stromerzeugung, Erdöl, Gas oder Atomkraft, wurden binnen kürzester Zeit massiv verändert. Es steht ein riesiger Veränderungsprozess an, technologisch, hinsichtlich Umwelt (Dekarbonisierung) und Digitalisierung. Die Branche steht unter strenger Regulierung und muss sich rasant anpassen. HR spielt hier eine extrem wichtige Rolle, da die Umsetzung durch den einzelnen Menschen erfolgt, und HR muss einen Beitrag leisten.
Juliane Weber: Die HR begleitet eine Kultur der Veränderung. Welche Herausforderungen siehst du, die vielen Veränderungen zu erkennen und daraus Lösungen zu entwickeln?
Thomas Perlitz: Menschen müssen sich verändern, neue Skills lernen und Trainings erhalten. Digitalisierung beeinflusst alle Bereiche, Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, Führungskräfte müssen sich weiterentwickeln. HR muss als aktiver Treiber und Gestalter am Tisch sitzen und den kulturellen Wandel aktiv begleiten.
Juliane Weber: Oft sitzt HR bei Digitalisierungs- und KI-Themen zu spät oder gar nicht am Tisch. Wie schaffen wir es, dass HR hier aktiv mitgestaltet?
Thomas Perlitz: Das hat mit Mindsets aus der Vergangenheit zu tun: „Ich will was mit Menschen machen“ reicht nicht mehr. Es braucht betriebswirtschaftliche Kenntnisse und das Verständnis für Organisation, Strukturen und auch zunehmend für Technologie. HR muss dieses Wissen erwerben und an Schnittstellen agieren, z. B. Tech-Abteilung oder Business Development, um Informationen aufzunehmen und den Wandel zu begleiten. Das ist spannend, weil HR so tief und breit ist.
„HR spielt hier eine extrem wichtige Rolle, da die Umsetzung durch den einzelnen Menschen erfolgt.“
Juliane Weber: Welche Chancen bieten Digitalisierung und KI konkret für HR, z. B. Recruiting, Mitarbeiterbindung und Organisationsentwicklung?
Thomas Perlitz: Mit KI können heute Bewerbungen in Echtzeit analysiert und gerankt werden, was den Recruitern die Erstanalyse erleichtert. Beim Upskilling lassen sich große Datenmengen schnell analysieren und interpretieren, um passende Kompetenzen für Mitarbeitende zu ermitteln. Die Energiewirtschaft sollte sich verstärkt auf diese Technologien fokussieren, um Innovations-Gaps schneller zu schließen. Unternehmen müssen sich verstärkt mit Retention und People Development beschäftigen, gerade die aktuelle Energiewende braucht eine „HR-Wende“. Die Anforderungen an Führungskräfte verändern sich: Sie sind der Kern der Veränderung und müssen ihr Team durch den Wandel führen. HR muss die notwendigen Skills, Rollen und Programme vorbereiten und den Führungskräften vermitteln. Die Rollenprofile im HR verändern sich stark. Es entstehen mehr „Data“-Positionen: Daten müssen gesammelt, ausgewertet und interpretiert werden, um schneller handeln zu können. Moderne Mitarbeiterbefragungen sind heute als Pulse-Check in Echtzeit möglich. Das erfordert neue Kenntnisse und Rollenbilder in der HR.
Juliane Weber: Wie werden sich Kompetenzen und Rollenprofile im Energiesektor in den nächsten Jahren verändern?
Thomas Perlitz: Es entstehen neue technische Rollenprofile wie Data Analytics und Data Interpretation – bislang eher Tech-Bereich, nun auch für HR relevant. Die Herausforderung wird sein, die richtigen Leute zu finden, aber es entsteht auch die Chance auf spannende Jobs. Im Mittelstand zeigt sich eine enorme Flexibilität: Mitarbeitende wechseln Bereiche, werden breit ausgebildet, und Unternehmen investieren verstärkt ins Upskilling, weil sie auf die vorhandenen Arbeitskräfte angewiesen sind. Großkonzerne agieren oft anders, aber der Mittelstand trägt die Wirtschaft Deutschlands. Freiräume sind wichtig, damit Mitarbeitende innovativ und offen für Wandel bleiben. Beispiele aus dem Umweltservice und der Kreislaufwirtschaft zeigen, wie KI bereits erfolgreich eingesetzt wird – etwa beim automatisierten Erkennen und Aussortieren von Störstoffen im Recyclingprozess. HR ist damit der Brückenbauer zwischen Kultur und Struktur, treibt die Transformation aktiv voran und gestaltet den Wandel im Unternehmen nachhaltig mit.
