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Roundtable Operations

USA-Footprint: Chance oder Risiko?

Roundtable Operations, 13. November 2025

Die USA bleiben größter Absatzmarkt für viele deutsche Produkte. Gleichzeitig sorgen Zölle, politische Volatilität und protektionistische Wirtschafts- und Sicherheitspolitik für massiven Druck auf exportorientierte Unternehmen. Der US-Footprint ist damit zum komplexen Risiko- und Steuerungsthema geworden. Unter Moderation von Atreus Direktor Oliver Krebs diskutierten Experten, was Unternehmen dafür in Zukunft einkalkulieren müssen – und wie sie im Idealfall vorgehen.

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Sehen Sie sich das Re-Play mit den wichtigsten Erkenntnissen an:

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Veranstaltung

Digital via Livestream

13. November, 12:30 Uhr bis 14:00 Uhr

  • Begrüßung und Vorstellung der Speaker
  • Keynote Reiner Thalacker: Produktionsverlagerung nach USA
  • Keynote Tobias Endler: Footprintauswahl in den USA, Regionen und politische Herausforderung
  • Keynote Philipp Michelfelder: Produktionsstandort USA, Greenfield, Brownfield, Verlagerung?
  • Diskussion der Teilnehmerrunde, Fragen aus dem Publikum
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Thema

Der globale Einfluss der Vereinigten Staaten, häufig als „USA Footprint“ bezeichnet, prägt seit Jahrzehnten Wirtschaft, Handel und Investitionsströme auf globaler Ebene.

Die jüngsten Veränderungen in der internationalen Handelspolitik, etwa durch Anpassungen von Zollsätzen oder Handelsabkommen, haben die Rahmenbedingungen für internationale und globale Wirtschaftsaktivitäten spürbar verschoben.


Für Unternehmen und Märkte weltweit ergibt sich daraus die spannende Frage, wie sich diese Entwicklungen auf bestehende Lieferketten, Investitionsentscheidungen und strategische Planungen auswirken – oder neue Chancen zur Anpassung und Diversifizierung globaler Wertschöpfungsketten eröffnet.

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Operations

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Roundtable Operations

Die wichtigsten Erkenntnisse in 8 Thesen:

1. Die US-Zölle erzeugen unmittelbaren Kostendruck. 

Atreus Direktor Oliver Krebs zeigt, wie stark die US-Zollpolitik die deutschen Exporte belastet: Die USA bleiben mit 161 Mrd. Euro der größte Absatzmarkt für deutsche Produkte. Zugleich gelten Höchstzollsätze von 15 Prozent auf viele EU-Ursprungsgüter sowie Spezialzölle von 25 Prozent auf Stahl, Aluminium, Pkw und Fahrzeugteile. Besonders betroffen sind Branchen mit hoher Wertschöpfung, zum Beispiel pharmazeutische Industrie, Maschinen- oder Fahrzeugbau. Viele Unternehmen reichen die Kosten an ihre Kund:innen weiter: Laut einer Umfrage planen 62 Prozent, die zusätzlichen Zölle ganz oder teilweise auf ihre Preise aufzuschlagen.

2. Trumponomics: Handelspolitik als sicherheitspolitisches Instrument.

Der Transatlantik-Experte Tobias Endler beschreibt eine hochvolatile Lage: Regierung, Kongress und Supreme Court ringen in den USA offen miteinander. Der Shutdown und die Ausrufung eines „nationalen Notstands“ zur Begründung der Zollpolitik verdeutlichen die Spannung. Aus Unternehmenssicht besonders relevant: Trump versteht Wirtschaftspolitik explizit als Sicherheitspolitik. Zölle und Handelsentscheidungen werden mit dem Schutz „unfair behandelter“ amerikanischer Arbeiter:innen begründet und als Signal an die eigene Wählerschaft eingesetzt. Daraus ergibt sich, so Endler, eine Logik der „Trumponomics“: mehr Protektionismus, weniger Regulierung, billigere Energie – und eine Handelspolitik, die transaktional, kurzfristig und von maximalem Druck geprägt ist.

3. Die Handelspolitik der USA wird es deutschen Unternehmen dauerhaft schwer machen.

Endler unterscheidet drei Zolltypen, mit denen Unternehmen rechnen müssen: klassische Schutzzölle, reziproke Zölle – von Trump etwa zum „Liberation Day“ angekündigt – sowie „zufällige“ Strafzölle gegen Länder, die politisch anecken, wie jüngst Kanada oder Venezuela. Parallel skizziert er vier Szenarien von einem frühen Deal über ein „Fegefeuer“ der Dauer-Eskalation bis hin zu offenem Handelskrieg oder „Guerilla Warfare“ im Handel. Seine Botschaft: Alles, was die US-Regierung handelspolitisch tut, ist gleichzeitig ein innenpolitisches Signal. Deutsche Unternehmen müssen daher mit dauerhaft steigenden Kosten, instabilen Lieferketten und einer unberechenbaren US-Seite umgehen.

4. Unternehmen brauchen einen nüchternen Realitätscheck.

Endler empfiehlt Unternehmen mit USA-Footprint, die Lage nüchtern zu prüfen. Aus seiner Sicht sind folgende Fragen in den kommenden Monaten besonders relevant: Für wen funktioniert die vielbeschworene „American Renaissance“ und wie lange? Wie wirkt sich die zunehmend Trump-kritische Stimmung in Teilen der Bevölkerung und Belegschaften auf Arbeitsmarkt und Standortattraktivität aus? Was bedeuten die anstehenden Wahlen – Midterms 2026, Präsidentschaftswahl 2028 – für regulatorische Rahmenbedingungen und Investitionsentscheidungen? Operativ müssen Unternehmen zum Beispiel Energiekosten, Infrastrukturqualität und Stabilität der Supply Chain nüchtern prüfen. Endler mahnt: Nicht abwarten, sondern jetzt systematisch analysieren, wo man steht und wie man sich aufstellen muss.

5. Zölle erzwingen operative Anpassungen.

Philipp Michelfelder, Vice President bei Harro Höfliger, lebt seit zehn Jahren in den USA. Er zeigt am Beispiel seines Unternehmens, wie Zölle in der Praxis wirken. Harro Höfliger produziert hochspezialisierte Maschinen für die pharmazeutische Industrie und Medizintechnik. Zusatzzölle von 15 bis 20 Prozent führen hier schnell zu Budgetüberschreitungen. Damit rücken die Incoterms in den Fokus, also die vertragliche Verteilung von Transport- und Importverantwortung: Die Margen geben nicht mehr genug her, um die Zölle intern abzufedern – also müssen die Preise neu verhandelt werden. Harro Höfliger hat sich entschieden, gegenüber Kunden radikal transparent zu sein, Zollaufschläge offen auszuweisen und aktiv in die Diskussion zu gehen – mit gemischtem Feedback, wie Michelfelder erklärt.

6. Lokale Wertschöpfung wird wichtiger.

Um auf Zölle und das Risiko von Random Tariffs zu reagieren, verlagert Harro Höfliger schrittweise Teile der Wertschöpfung in die USA, etwa After-Sales-Aktivitäten oder Lagerhaltung, und baut eine US-basierte Supply Chain mit neuen Partnern auf. Wöchentliche Lieferungen aus Deutschland sollen die Transportkosten reduzieren. Gleichzeitig steigt der Druck seitens etablierter Stammkunden, Standardmaschinen zumindest teilweise lokal zu produzieren. Michelfelder macht zugleich klar: Die USA sind ein teurer Standort und Material- und Personalkosten liegen deutlich über dem deutschen Niveau, weshalb parallel über zusätzliche Fertigung in kostengünstigeren Ländern wie Ungarn oder Indien nachgedacht wird.

7. Standortwahl und Kulturmix müssen von Anfang an durchdacht werden.

Michelfelders Devise lautet: Entwicklung und Sondermaschinenbau bei Harro Höfliger bleiben in Deutschland, Wiederholmaschinen und standardisierte Komponenten sind perspektivisch in den USA denkbar – produziert für den US-Markt. Die Standortwahl dafür ist hochkomplex: Bestehende Niederlassungen nutzen oder neue Werke aufbauen? Single- oder Multistandort-Footprint? Wie sicher ist der Standort vor Naturkatastrophen? All diese Fragen sollten sich Unternehmen frühzeitig stellen. Externe Analysen, inklusive KI-basierter Manufacturing-Indizes, unterstützen die Entscheidung. Klar ist für Michelfelder: Die Grundsatzfrage „Bleiben wir lokal oder bauen wir neu auf?“ gehört an den Anfang – nicht ans Ende – eines USA-Engagements.

8. Interkulturelle Zusammenarbeit ist Erfolgsbedingung.

Atreus Manager Reiner Thalacker zeigt anhand eines Industrieprojekts, wie schnell USA-Verlagerungen scheitern können, wenn Kultur und Zusammenarbeit nicht mitgedacht werden. In seinem Mandat für ein Unternehmen mit 2 Mrd. Euro Umsatz und Standorten in Deutschland und den USA waren Maschinen und Technik zwar identisch, die vor- und nachgelagerten Produktionsprozesse aber völlig anders organisiert. Fehlende Ausbildung, lange Wartezeiten auf qualifizierte Techniker, wochenlange Stillstände wegen fehlender Ersatzteile aus Deutschland und eine hohe Quote an Werkzeugbrüchen legten die Fertigung in den USA lahm. Dahinter steckten nicht technische Fehler, sondern tiefes Misstrauen, jahrelange Kommunikationslücken und unterschiedliche Mentalitäten. Thalackers Ansatz: Brückenbauer etablieren, die Führung in beiden Ländern an einen Tisch holen, interkulturelle Schulungen verstetigen und nur Menschen in Schlüsselrollen lassen, die diese Zusammenarbeit wirklich tragen wollen. Thalacker betont: „Interkulturelle Zusammenarbeit ist keine Reparaturmaßnahme, sondern eine Haltung“ – und ein Erfolgsfaktor, der ab Tag 1 in in jede USA-Footprint-Strategie gehört.

Unsere Keynote Speaker beim Roundtable Operations

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Reiner Thalacker
Executive Interim Manager

Reiner Thalacker ist seit 9 Jahren selbstständig als Executive Interim Manager mit seinem Unternehmen der R&A Thalacker GmbH  

Er führte internationale Produktionsgesellschaften und Unternehmen als CEO und Vorstandsvorsitzender, bevor er sich vor 9 Jahren entschloss, selbstständig zu werden. Seit mehr als 35 Jahren ist die operative Umsetzung von Restrukturierungs- und Ergebnisverbesserungsprogramme sein Schwerpunkt. Turnaround-Management, Restrukturierung, Reorganisation und Unternehmensintegration in mittelständigen Unternehmen sind seine aktuellen Themen als Interim Manager.

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Tobias Endler
Transatlantik-Experte, Politikwissenschaftler, Publizist, Speaker

Dr. Tobias Endler, Transatlantik-Experte, Politikwissenschaftler, Publizist, Speaker

Dr. Endler ist ein ausgewiesener Transatlantik-Experte und Brückenbauer zwischen Wirtschaft, Politik, Medien und Zivilgesellschaft. Er lehrte unter anderem an der Yale University und der Universität Heidelberg und ist als Autor mehrerer Bücher sowie als gefragter Gast in Funk und Fernsehen bekannt. Mit über 20 Jahren Erfahrung in der internationalen Politik und Beratung versteht er es, komplexe Entwicklungen klar zu analysieren und in praxisnahe Impulse zu übersetzen – stets mit einem kritisch-konstruktiven Blick und dem nötigen Pragmatismus. Im Herbst 2025 erscheint sein neues Buch: „Narrengold – Der Glanz des Erfolgs, die Macht der Täuschung und der Mythos grenzenloser Möglichkeiten“.

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Philipp Michelfelder
Vice President, Harro Höfliger Packaging Systems Inc.

Philipp Michelfelder ist ein deutsch-amerikanischer Manager mit umfassender Erfahrung im Gesundheitswesen und im Bereich pharmazeutische Maschinen.

Als Vizepräsident von Harro Höfliger Packaging Systems Inc. leitet er den US-amerikanischen Geschäftsbetrieb und trägt die volle Gewinn- und Verlustverantwortung. Er treibt Wachstum, Strategie und operative Exzellenz voran. Zuvor steigerte er den Umsatz in den USA innerhalb von vier Jahren von 60 Millionen Dollar auf 140 Millionen Dollar durch strategische Vertriebsführung und Teamentwicklung.

Philipp Michelfelder hat einen MBA der Columbia Business School und einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftsingenieurwesen der DHBW Mosbach in Deutschland.

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