

A·lounge Automotive & Mobility
ESG als USP für die deutsche Automobilindustrie
Greenwashing oder echte Umsetzung?
ESG (Environmental, Social, Governance) entwickelt sich auch für die deutsche Automobilindustrie von einer regulatorischen Anforderung zu einem Differenzierungsmerkmal am Markt. Während Kritiker Greenwashing befürchten, zeigen Vorreiter, dass nachhaltige Transformation echte Wettbewerbsvorteile bietet. Unter Moderation der Atreus Direktoren Petra Becker und Robert Minge diskutierten Branchenexperten über die zentralen Fragen: Wie wird ESG zum Wettbewerbsvorteil? Welche Maßnahmen haben echten Impact? Und wie kann sich „Made in Germany“ durch Nachhaltigkeit neu erfinden?



Veranstaltung
Digital via Livestream
14. März, 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr
- Begrüßung und Vorstellung der Speaker
- Diskussion mit Dr. Thomas Becker, Leiter Nachhaltigkeit & Mobilität – BMW Group, Peter Hörndlein, MD Vehicle Logistics – VW-Konzernlogistik, sowie Dieter Krockauer, VP of Carbon Transformation – Carbmee
- Fragen aus dem Publikum
Thema
Die globale Automobilindustrie steht an einem “spielentscheidenden” Wendepunkt, bei dem ESG (Environmental, Social, Governance) immer mehr als Produkt-USP in den Mittelpunkt rückt, um sich am Markt zu differenzieren. Während einige skeptisch sind und Greenwashing vermuten, zeigen konkrete Projekte und Initiativen, dass echte Fortschritte erzielt werden. Erfahren Sie, wie ESG die Branche revolutioniert und welche Hebel wirklich wirken, um erfolgreich zu sein.
Automotive und Mobility
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Die wichtigsten Erkenntnisse in sieben Thesen:
1. ESG wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil in der Automobilindustrie.
Nachhaltigkeit ist kein Nice-to-have mehr, sondern ein zentrales Leistungsversprechen, das Kaufentscheidungen beeinflusst und über den Unternehmenserfolg entscheidet. Dr. Thomas Becker, Leiter Nachhaltigkeit & Mobilität bei der BMW Group unterstreicht, dass ESG bei BMW längst in alle Unternehmensbereiche integriert sei: „Seit Oktober 2023 veröffentlichen wir den ‘Vehicle Footprint’. Wir machen transparent, wie effizient unsere Fahrzeuge in der Lieferkette und Nutzung sind. Unsere Kunden fordern das ein.“ Unternehmen, die ESG-Standards konsequent umsetzen, gewinnen langfristig auch wirtschaftlich.
2. Nachhaltigkeit beginnt in der Lieferkette – und dort liegen die größten Herausforderungen.
„Ohne die Lieferanten wird Dekarbonisierung nicht funktionieren“, sagt Dieter Krockauer, Vice President Carbon Transformation beim deutschen Start-up Carbmee. Er unterstützt OEMs und Zulieferer mit einer Softwarelösung dabei, ihre Emissionen über die gesamte Lieferkette (Scope 1 bis 3) zu reduzieren. Scope-3-Emissionen seien die Achillesferse der Industrie: „Während Scope 1 und 2 zusammen nur 8 bis 15 % der Emissionen ausmachen, entfällt der Großteil auf Scope 3 – die Lieferkette, mit oft vielen zehntausend Lieferanten.“ Besonders schwierig: Viele Automobilzulieferer sitzen in Regionen, in denen grüner Strom oder CO₂-neutrale Materialien nicht verfügbar sind. Lösungen liegen in strategischen Partnerschaften, emissionsfreien Transportkonzepten und dem konsequenten Einsatz nachhaltiger Materialien wie grünem Stahl.
3. Dekarbonisierung ist nur mit effizienten Logistikprozessen machbar.
Peter Hörndlein ist MD Vehicle Logistics bei der Volkswagen Konzernlogistik. „Die Lieferkette muss erstmal funktionieren“, sagt er – was bedeutet, dass sie gleichzeitig kosteneffizient, flexibel, transparent und nachhaltig sein müsse. ESG und Kosteneffizienz gehen Hand in Hand: „Wir setzen massiv auf Bahntransporte, alternative Kraftstoffe und moderne Schiffsflotten. Wenn wir jedes Fahrzeug effizient ausliefern, senken wir den CO₂-Fußabdruck erheblich – und sparen Kosten.“ Besonders wichtig: Die Kombination aus optimierter Routenplanung, Transportbündelung und alternativen Antrieben für LKW. Gleichzeitig müssen auch die Logistikdienstleister bereit sein, in nachhaltige Technologien zu investieren.
4. Circular Economy ist der Schlüssel zur CO₂-Reduktion – aber noch nicht konsequent genug umgesetzt.
Die Kreislaufwirtschaft bietet große Potenziale, aber noch viele ungenutzte Möglichkeiten. Dieter Krockauer von Carbmee erklärt: „Bei Stahl und Aluminium sind die Kreisläufe fast geschlossen, aber in vielen anderen Bereichen müssen wir noch aufholen.“ Die Automobilindustrie braucht eine stärkere Verzahnung mit Recyclingunternehmen und eine bewusste Materialwahl bereits im Designprozess. BMW und VW investieren deshalb in Eco-friendly Design im Entwicklungsprozess, ressourcenschonende Fertigung und neue Recyclingtechnologien.

„Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn sie fester Teil jedes Geschäftsbereichs ist – von der Forschung und Entwicklung über den Einkauf bis zur Produktion“
5. ESG muss tief in die Unternehmensstrategie integriert werden.
„Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn sie fester Teil jedes Geschäftsbereichs ist – von der Forschung und Entwicklung über den Einkauf bis zur Produktion“, erklärt Thomas Becker. Bei BMW gebe es eigene ESG-Teams für jede Abteilung (etwa Entwicklung, Design oder Einkauf), um konkrete Nachhaltigkeitsziele in den Arbeitsalltag zu integrieren – die natürlich anhand passender KPIs getrackt werden. VW setzt auf firmeninterne Schulungen und Programme wie die „Green Week“, um Mitarbeiter aktiv in den Nachhaltigkeitsprozess einzubinden, schildert Peter Hörndlein. Nachhaltigkeit ist „ein Riesen-Change-Prozess“, wie Carbmee-VP Krockauer betont.
6. „Made in Germany“ muss sich über Nachhaltigkeit neu definieren.
„’Made in Germany’ steht für Qualität und Ingenieurskunst – warum nicht auch für Nachhaltigkeit?“ fragt Atreus Direktorin Petra Becker. Deutsche Hersteller haben in der Vergangenheit Marktanteile an China verloren, weil sie sich zu langsam an veränderte Kundenwünsche angepasst haben. Jetzt ist die Chance, mit ESG als Markenzeichen weltweit wieder eine führende Rolle einzunehmen – und auch Vorteile im Recruiting zu haben. Thomas Becker sagt dazu: „Nachhaltigkeit wird immer stärker Teil des Markenkerns – und damit auch ein Kaufargument.“
7. Wer ESG als reinen Kostenfaktor sieht, hat schon verloren – es ist eine Investition in die Zukunft.
Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten darf ESG gerade jetzt nicht als reine Zusatzbelastung gesehen werden. „Es ist wie mit dem Urlaub – der perfekte Zeitpunkt kommt nie“, sagt Dieter Krockauer von Carbmee. Wer zu lange wartet, riskiert hohe Anpassungskosten, (regulatorische) Strafen und Wettbewerbsnachteile. Unternehmen, die jetzt investieren, profitieren doppelt: durch geringere CO₂-Kosten und die wachsende Kundennachfrage nach nachhaltigen Fahrzeugen. „OEMs und Hersteller müssen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen“, findet Peter Hörndlein.
Unsere Experten und Diskutanten

Seit Oktober 2019 ist Dr. Thomas Becker Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit und Mobilität bei der BMW Group in München. Dr. Thomas Becker war von 2007 bis September 2019 Leiter der Abteilung Politik und Außenbeziehungen bei der BMW Group in München. In seiner Position verantwortete er die weltweite Repräsentation der politischen Interessen der BMW Group, steuerte die Herangehensweise des Unternehmens bei politischen Themen in der Produkt- und Wirtschaftskommunikation und leitete die globale CSR- und Nachhaltigkeitskommunikation.
Thomas Becker begann seine Karriere als Referent in der Abteilung für Umweltpolitik bei dem Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) in Berlin. Später nahm er verschiedene leitende Positionen beim Verband der Automobilindustrie (VDA) in Frankfurt ein. Vor seiner Rolle bei der BMW Group war er stellvertretender Geschäftsführer des VDA.
Thomas Becker hat einen Doktortitel (Dr. rer. pol.) vom Reinhard-Mohn-Stiftungslehrstuhl an der Universität Witten/Herdecke. Er hat außerdem ein Diplom in Betriebswirtschaftslehre.

Seit April 2024 ist Peter Hörndlein verantwortlich für alle Aspekte der Fahrzeuglogistik innerhalb der Volkswagen Konzernlogistik wie der Planung und Steuerung des weltweiten Fahrzeuglogistik-Netzwerkes, den Häfen und multimodalen Transportnetze in Europa sowie den Überseeverkehren sowie die zugehörigen Digitalisierungsthemen. Er führt die Transformation der Fahrzeuglogistik-Organisation, der -Prozesse und des -Netzwerks mit dem Ziel die operative Performance zu steigern, Effizienzen zu realisieren und Emissionen zu reduzieren.
In den vergangenen fast 30 Jahren hatte Peter Hörndlein verschiedenen Führungsaufgaben wie Logistikplanung, Supply Chain Management, Transport- und Fahrzeuglogistiknetzwerke in der Automobilindustrie inne; zunächst bei der BMW Group, wo er internationale Einsätze in Großbritannien, den USA und Südafrika hatte und seit 2017 im Volkswagenkonzern bei MAN Truck & Bus, wo er mit der Leitung der Markenlogistik und später des Einkaufsbereichs für das Geschäftsfeld Bus beauftragt war.

Dieter Krockauer ist Vice President Carbon Transformation bei Carbmee, wo er die ganzheitliche Betreuung globaler Industriekunden leitet. Dabei sorgt er für eine nachhaltige Transformation der Wertschöpfungskette mit ökologischer Intelligenz, um bis 2050 Net-Zero-Emissionen zu erreichen. Darüber hinaus ist Dieter Krockauer für die Entwicklung und Betreuung von Partnerschaften sowie für die Vertretung von Carbmee in Wirtschaftsgremien und politischen Ausschüssen verantwortlich.
Zuvor war er Vice President Digital Transformation bei KINEXON Industries, wo er maßgeblich an der Entwicklung des Unternehmens im Bereich “Location-based Process Automation” beteiligt war. Vor dieser Aufgabe beschäftigte er sich viele Jahre mit der digitalen Transformation in der Automobilindustrie und leitete zuletzt den Innovations- und Technologiebereich des zentralen Automotive SCM der Continental AG mit dem Ziel der digitalen Transformation der Supply Chain hin zu einem autonomen Liefernetzwerk. Dieter Krockauer begann seine Karriere 1999 als Wirtschaftsinformatiker und war viele Jahre in verschiedenen Führungspositionen (Global IT und SCM) bei der Siemens AG und der Continental Automotive GmbH tätig.
Er ist langjähriges Beiratsmitglied des MBA Digital Business Transformation an der Quadriga Hochschule in Berlin.